Von 2003 bis 2011 haben die Grünhelme 30 Schulen in Afghanistan gebaut. Die gute Nachricht: Sie sind noch geöffnet. Doch wie geht’s weiter am Hindukusch?

Eine Schülerin einer Grünhelme-Schule (Archivfoto)

[Bonn, 14.09.2021] Auch wir Grünhelme haben die letzten Wochen und Monate besorgt in Richtung Hindukusch geblickt. Aber nein, eigentlich waren die Sorgen schon seit einigen Jahren da. Immer, wenn wir beobachteten, wie die afghanische Regierung ihr Land kontinuierlich kaputt wirtschaftete, immer vollauf damit beschäftigt, sich die eigenen Taschen vollzustopfen.

Die internationale Gemeinschaft hatte aufs falsche Pferd gesetzt, und war immer weiter ins Verderben gerannt. Beim Einrücken der Taliban nahmen dann alle jahrelang trainierten und gut ausgerüsteten Soldaten Reißaus, wie konnte es auch anders sein? Gegenüber wem sollten sie sich auch loyal fühlen, gegenüber einem Präsidenten, der sich als Allererster davonmachte? Angeblich soll Ashraf Ghani Koffer voll Geld mitgenommen haben, als er sich ohne Absprache mit seinem Kabinett ins Ausland absetzte.

Die Grünhelme sind und bleiben eng mit Afghanistan verbunden. Es war nicht nur eines der ersten Länder, in dem wir nach unserer Gründung 2003 aktiv wurden, sondern auch das Land, in dem wir die meisten Projekte umgesetzt haben.

Zwischen 2003 und 2011 haben die Grünhelme ganze 30 Schulen aufgebaut. Auch andere Projekte wurden verwirklicht, wie z.B. der Bau eines Skateparks, zusammen mit „SkateAid“, einer Organisation des Unternehmers Titus Dittmann. Herzstück unserer Arbeit in der Provinz Herat bildeten aber die dreißig Schulen, die vielen Kindern die Möglichkeit von Schulbildung in entlegenen ländlichen Gebieten boten.

Wir hielten Kontakt zu den Schulen, und waren immer wieder glücklich zu hören, dass alle Schulen in Betrieb waren und blieben. Mädchen wie Jungen füllten die Unterrichtsräume, oft hat es einen Zuwachs an SchülerInnen gegeben, da keine weiten Schulwege mehr zu bewältigen waren. Dass eine Klasse aus 50 SchülerInnen bestand, ist die Regel und nicht die Ausnahme.

Seit dem Vormarsch der Taliban aber herrscht Unsicherheit. Einige Eltern schicken ihre Kinder momentan nicht in die Schule, die Klassen sind – hoffentlich nur vorübergehend – auf etwa die Hälfte der Größe geschrumpft, ca. 20-25 Kinder sitzen in einer Klasse. Die gute Nachricht ist, dass die Schulen weiter offen sind und auch Mädchen nicht an der Teilnahme am Unterricht gehindert werden.

Schulen ab Klasse 7 bleiben zu

Die schlechte Nachricht ist, dass vorerst alle Schulen auf Anordnung der Taliban ab der 7. Klasse nicht mehr unterrichten dürfen. Ein endgültiges Konzept, wie sie mit Schul- und Ausbildung im Land umgehen wollen, scheinen die Taliban noch nicht zu haben. Unter der letzten Talibanherrschaft war Mädchen ab 9 Jahren der Zutritt zu Schulen und Universitäten ganz verboten worden. Erste Anzeichen lassen vorsichtig hoffen, dass Mädchen und Frauen in Zukunft zumindest nicht wieder kategorisch von Bildung ausgeschlossen werden.

Wir hoffen, dass sich die internationale westliche Gemeinschaft nun nicht ganz von dem gebeutelten Land abwendet. Dann – so viel ist sicher – würden die radikalen Kräfte in der Talibanbewegung dominant bleiben. Wir Grünhelme werden – über unseren deutsch-afghanischen Projektleiter von damals – weiter den Kontakt zu den Schulen halten und bleiben Afghanistan für immer verbunden.

Yvonne Neudeck, Bonn

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