Wenn Menschen in Not Mitgefühl und bedingungslose Hilfe erleben, spendet das Kraft. Das erleben wir in der weiten Welt – und dieses Jahr erstmals auch vor der eigenen Haustür.

Bonn, 24. Dezember 2021. Es klingt paradox. Als im Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Flüsse Ahr und Erft über die Ufer traten und Menschen, Tiere, Häuser, Brücken und Straßen mit sich rissen, erreichten uns Nachrichten der Besorgnis und Solidarität aus Ländern wie dem Libanon, Sier­ra Leone oder Irak. Freundinnen und Partner aus Projektländern wollten wissen, ob es uns gut geht. Verkehrte Welt, könnte man meinen.

Bilder von Menschen, die umgeben von Wassermassen auf Bäu­men oder Gebäuden ausharren und tagelang auf Rettung warten: Diese Bilder kannten wir bisher eher aus dem Fernsehen. Aus Mo­sambik zum Beispiel. Im April 2019 fegte der Wirbelsturm Idai im Südosten Afrikas zehntausende Häuser weg und ließ anschließend den Fluss Pungwe über die Ufer treten. Damals schien uns ein sol­ches Szenario in Deutschland noch sehr fern und unwirklich.

Doch das, was im Sommer in Deutschland passiert ist, ist keine verkehrte Welt. Natürlich ist es zunächst einmal ein Beweis da­für, dass die Folgen des menschengemachten Klimawandels auch uns betreffen. Zugleich sind die Ereignisse an Ahr und Erft ein erneuter Beleg dafür, wie vernetzt diese Welt ist. Unser Handeln hat fast immer auch woanders Auswirkungen. Das gilt für Gutes wie Schlechtes. Es gibt zwar ein Hier und Dort. Aber kein Wir und Die. Schließlich leben wir alle auf ein und derselben Welt. Der Kli­mawandel, zu dem die wohlhabende Bevölkerung der Welt am meisten beigetragen hat und unter dessen Folgen manche Teile der Welt deutlich stärker leiden, ist dafür eines von sehr vielen Bei­spielen.

Verantwortung als globale Aufgabe

Verantwortung und Solidarität verstehen die Grünhelme deshalb als globale Aufgabe. Die Grünhelme möchten Grenzen überwin­den, praktisch und anpackend Solidarität üben und Verantwortung leben. Dass wir das auch in diesen schwierigen und komplizierten Zeiten der Pandemie weiter tun können, dafür danken wir Ihnen, liebe Spenderinnen und Spender.

In Mosambik haben wir damals wenige Monate nach der Kata­strophe begonnen, beim Wiederaufbau zu helfen. Das kleine Dorf Sovim war zwar von der Flut nicht direkt betroffen, weil es etwas höher liegt, aber der Zyklon Idai hatte alles zerstört: die Häuser, die Schule, die Kirche, und auch die Ernte war zu großen Teilen ver­nichtet worden. Die Menschen, denen wir damals begegnet sind, waren gezeichnet, hatten sie doch alles verloren, und das ohne soziales Netz und doppelten Boden.

Gleichzeitig spürten wir eine Tatkraft und einen Lebensmut, der wahrlich beeindruckte. Binnen kürzester Zeit hatten sie sich pro­visorische Unterkünfte und sogar eine Art Schulgebäude errichtet. Mittlerweile sind es mehr als zwei Jahre, die wir in diesem Örtchen arbeiten und leben. Corona hatte uns zwischenzeitlich gestoppt, doch in diesem Jahr konnte die Arbeit auf der Baustelle weitergehen. Die erste Schule, eine Sekundarschule, ist nun fertiggestellt und in Betrieb. (hier mehr dazu lesen)

Jetzt arbeiten wir gemeinsam mit der Dorfbevölkerung an der neuen Grundschule. Dabei gilt höchste Vorsicht, denn anders als in Deutschland haben die meisten Menschen in afrikanischen Ländern kaum Zugang zu Corona-Schutzimpfungen oder guter medizinischer Versorgung.

Erster Einsatz in Deutschland

Verantwortung global zu begreifen, heißt für uns aber auch, lokal zu handeln, wenn es notwendig ist. Naturkatastrophen hatten wir schon viele miterleben müssen und vor Ort Hilfestellung leisten können, wie in Indonesien, Pakistan oder Nepal. So war es für uns keine Frage, nach der Flutkatastrophe vor der eigenen Haustür auch hier mit anzupacken.

Auf unseren Aufruf unter ehemaligen Grünhelmen meldeten sich schnell engagierte Freiwillige. Ein kleines, wechselndes Grün­helme-Team half so über einige Wochen, Schlamm zu schüppen, Schutt beiseite zu räumen und Häuser zu entkernen. Für uns war dies unser erster Einsatz in Deutschland. Dabei haben wir, anders als sonst, kein eigenes Projekt ins Leben gerufen, sondern uns den vielen tausend anderen freiwilligen Helferinnen und Helfern ange­schlossen und dort angepackt, wo Hilfe über ein zentrales Organi­sationsteam angefragt worden war.

Bemerkenswert war für uns: Bei dem Einsatz im Flutgebiet erlebten wir, was wir so auch zuvor schon viele Male in Kriegs- und Krisen­gebieten erlebt hatten. Wenn Betroffene das Gefühl haben, nicht al­lein gelassen zu werden, macht ihnen das Mut und gibt Hoffnung.

Die Menschen in Mosambik und im Ahrtal mussten Ähnliches erlei­den. Mehr als 8.000 Kilometer voneinander entfernt, teilen sie ein ähnliches Schicksal. Der Umgang mit Katastrophen, die Mentalität, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, ist hier wie dort beeindru­ckend.

Ganz egal, ob in Mosambik oder vor der eigenen Haustür: Wir Grünhelme werden weiter in der Welt im Einsatz sein. Das Ent­scheidende ist: Gemeinsam und mit Ihrer Unterstützung!

Frohe Weihnachten!