Zusätzlich zu unseren Bau- und Ausbildungsprojekten im Libanon unterstützen wir seit zwei Jahren auch eine Schule, die unsere Partnerorganisation SB Overseas (SBO) im Ort Aarsal führt. Die Einrichtung richtet sich an syrische Flüchtlingskinder, die keinen Platz auf einer staatlichen libanesischen Schule erhalten haben – und ohne das spendenfinanzierte, private Angebot ohne Bildungschancen blieben.
Auch, wenn die offizielle Zahl an Covid-19-Fällen im Libanon im Vergleich zu Deutschland gering erscheint, reagierte das Land früh. Die Behörden schlossen nicht nur sämtliche Grenzen, sondern unter anderem auch sämtliche Schulen.
Von den Schulschließungen war auch die von uns unterstützte Schule betroffen. Was also tun in Zeiten von Corona? Die Menschen aus Syrien, die vor Assad und seinen Schergen geflohen sind, haben ohnehin schon einen durch die libanesische Regierung gewollten schweren Zugang zu Bildung. Jetzt weitere vier Monate zu verlieren, hätte die ohnehin schon schlechte Bildungssituation für die Kinder und Jugendlichen aus Syrien zusätzlich verschärft.
In den ersten beiden Monaten des Lockdowns wusste noch keiner, wie es weiter gehen soll oder kann und so hat das Lehrpersonal aus unserer Schule in Aarsal, als Covid-19-Prävention, im April Hygienekits verteilt und Aufklärung über das Thema Corona in den Camps rund um die Schule durchgeführt.
Zugleich arbeiteten die Lehrkäfte an einer Onlinelösung für den Unterricht. Zuerst wurde unter allen Schüler*innen zu Hause eine Umfrage gestartet, ob überhaupt ein Zugang zum Internet möglich ist. Das Ergebnis: 70% der Kinder haben die Möglichkeit, über ein Endgerät die gestellten Aufgaben zu bearbeiten. Schließlich konnte nach harter Arbeit im April ein Onlineangebot für die Schüler*innen aufgebaut werden.
Da die Eltern der Kinder oft nicht in der Lage sind, diese beim Lernen zu unterstützen, haben die Lehrkräfte und das SBO-Team in der Schule in Aarsal YouTube-Videos für die einzelnen Unterrichtseinheiten gedreht und über den YouTube-Kanal von SBO in die Zelte der Familien gebracht.
Zusätzlich wurden regelmäßig Learning-Kits durch die Lehrer*innen bei den Familien verteilt. Diese enthielten neben Aufgabenblättern auch Stifte und andere Bearbeitungsmaterialien. Die bearbeiteten Aufgaben konnten dann über Whats App-Gruppen an die Lehrer weitergeleitet und so kontrolliert werden. Über die Chat-Gruppen konnten dann auch Rückfragen an die Lehrer gestellt werden.
Die Qualität der Videos und die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Lehrpersonal waren sehr gut ausgearbeitet. Davon hätten sich einige Schulen in Deutschland eine Scheibe abschneiden können.
Natürlich ist diese Art des Lernens nur eine Notlösung und kann den Präsenz-Unterricht nicht ersetzen. Trotzdem konnte schon am Anfang schnell festgestellt werden, dass das Onlineangebot gut angenommen wird und viele Fragen und Arbeitsblätter zurück an die Lehrer*innen gingen.
Zum Glück ist in Aarsal nicht ein einziger Covid-19-Fall bekannt geworden und so konnte unsere Schule am 8. Juni wieder Ihre Tore für die Schüler*innen öffnen. Da es von Seiten der libanesischen Regierung es keine Vorschriften gibt, wie ein Unterricht in diesen Zeiten stattzufinden hat, hat SBO seine eigenen Hygienevorschriften aufgestellt und umgesetzt.
Beim Eintreffen der Kinder wird die Temperatur gemessen und jedes Kind muss sich die Hände desinfizieren. In den vier Klassenräumen werden aktuell nur zehn Kinder gleichzeitig unterrichtet, um zwischen den Tischen einen größeren Abstand zu ermöglichen. An einem Tag werden so in jedem der vier Klassenräume jeweils drei Klassen unterrichtet. Von Montag bis Dienstag die ersten 12 Klassen und von Mittwoch bis Donnerstag dann 12 weitere. Somit kann die Schule momentan 240 Kindern den Zugang zu Bildung ermöglichen. An den restlichen Tagen werden Ausbildungsprogramme für Frauen und Jugendliche in den Räumlichkeiten angeboten.
Die Schule hat durch den Online-Unterricht an Bekanntheit gewonnen und es zum kommenden Schuljahr haben mehr Eltern als üblich ihre Kinder für den Unterricht angemeldet. SBO hofft nun, möglichst bald wieder zum Normalbetrieb übergehen zu können, um die neu angemeldeten Kinder in den Unterricht einbeziehen zu können.
Die öffentlichen Schulen im Libanon haben sich, trotz der Lockerungen ab Anfang Juni, entschieden, keinen Unterricht mehr vor dem Beginn der Sommerferien Ende Juni anzubieten. Ganze vier Monate ist damit der Präsenz-Unterricht ausgefallen. Unsere Schule geht einen anderen Weg. Die Lehrkräfte werden den Unterricht auch in den Sommermonaten Juli bis einschließlich September fortsetzen, um so den verlorenen Unterrichtsstoff aufzuholen. Denn Bildung ist ein wichtiges Gut für junge Menschen, denn nur so können sie auch in der Zukunft bestehen.