Neues Grünhelme Ausbildungsprojekt hat begonnen

Im Libanon hat unser neues Ausbildungsprojekt begonnen. In kleinen Workshop-Gruppen soll über einen Zeitraum von sechs Monaten jungen syrischen Geflüchteten eine Art Schreiner*innen-Ausbildung gegeben werden. Der Libanon ist noch immer das Land, das die meisten Geflüchteten im Verhältnis zu seiner Stammbevölkerung aufgenommen hat. Entsprechend hoch sind die sozialen Spannungen und schwierig die Zukunftsperspektiven für junge Syrer*innen.Viele der heutigen Jugendlichen sind als Kinder vor dem Krieg geflohen und in den vergangenen acht Jahren nur unregelmäßig oder gar nicht zur Schule gegangen – von Abschlüssen, Berufsausbildung oder gar Studium ganz abgesehen. So ist für die nachwachsende Generation die Zukunft völlig ungewiss. Eben hier möchten wir Grünhelme ansetzen und durch eine Ausbildung neue Perspektiven ermöglichen.

Im südlibanesischen Saida hatten wir Grünhelme schon 2017 gearbeitet und einen riesigen Rohbau, in dem etwa 200 syrische Familien untergekommen sind, winterfest gemacht (hier nachlesen). Nun sind wir auf Initiative unserer Partnerorganisation SB Overseas zurückgegehrt, die innerhalb dieser Unterkunft eine Aufbauschule für syrische Kinder betreiben. Seit wenigen Wochen läuft unser Ausbildungsprogramm im „Ouzai Center“ nun: In vier Gruppen von jeweils sieben bis zehn Personen werden syrische Jugendliche und junge Erwachsene zu Tischler*innen ausgebildet. Jede Gruppe bekommt hierbei sechs Lernstunden pro Woche, da parallel noch die Schule besucht wird oder Geld verdient werden muss. Entsprechend sind unsere Kurse auch auf vormittags-, nachmittags- und abends verteilt. Für unsere Werkstatt haben wir eigens einen Raum auf dem Gelände des Ouzai Centers errichtet und eingerichtet. Hier gibt es nun Werk- und Hobelbänke für zwölf Personen. Daneben verfügen wir über einige Handmaschinen und einen prall gefüllten Schrank mit Handwerkzeug. Bei Letzterem hat uns das Tischlerbildungszentrum Rheda-Wiedenbrück mit Spenden gebrauchter Werkzeuge unterstützt.

Beim Ausbildungsinhalt orientieren wir uns an den Ansätzen der überbetrieblichen Tischler*innen-Ausbildung in Deutschland. So werden zunächst die genuin handwerklichen Fertigkeiten trainiert: Der Umgang mit Handhobel, Handsäge und Stemmeisen, um so ein Gefühl für die Werkzeuge, vor allem aber den Werkstoff Holz zu bekommen. Hierbei werden klassische Holzverbindungen geübt, aber auch kleinere Werkstücke, wie Kästchen, Bilderrahmen oder Teigrollen gebaut. Im weiteren Verlauf kommt die Handhabung von elektrischen Handmaschinen wie Elektro-Hobel, Stich- und Handkreissäge sowie Oberfräse hinzu, ehe auf der letzten Stufe auch das Arbeiten an stationären Maschinen wie der Formatkreissäge, der Abrichte und dem Dicktenhobel gelehrt wird. Angedacht ist auch eine Partnerschaft mit lokalen libanesischen Schreinerbetrieben, um Furnierarbeiten zu demonstrieren und möglichst auch durchzuführen.

Das Hauptaugenmerk liegt bei unserer Ausbildung auf den praktischen Fähigkeiten. Immer wieder möchten wir aber auch kleinere theoretische Lektionen einstreuen, um so den Teilnehmer*innen auch ein weitergehendes Verständnis des Werkstoffs Holz zu vermitteln. Ziel der Ausbildung ist es, den Absolvent*innen Fähigkeiten mit an die Hand zu geben, mit denen sie anschließend auf dem libanesischen Arbeitsmarkt ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Denn die meisten syrischen Geflüchteten haben nur die Möglichkeit sich mit Gelegenheitsjobs durchzuschlagen. Eine Ausbildung soll die jungen Menschen fördern und ihnen diesbezüglich neue Möglichkeiten in ihrer schwierigen Lebenssituation eröffnen. Und wer weiß, wenn irgendwann einmal die Rückkehr in die syrische Heimat möglich sein sollte, können die handwerklichen Fähigkeiten der Ausgangspunkt sein, um sich eine neue Existenz aufzubauen.

Angenommen wurden unsere Workshops in den ersten Wochen sehr gut. Insgesamt nehmen seit der zweiten Maiwoche nun 32 Leute teil. Dabei freuen wir uns besonders, dass wir bei vielen jungen Frauen das Interesse wecken konnten. Nach dem Ende des Fastenmonats Ramadan möchten wir noch mit zusätzlichen Kursen beginnen, da viele junge Männer nach vormittäglicher Arbeit ohne Trinken und Essen momentan einfach zu müde für eine Teilnahme sind.

Wir suchen für dieses Projekt noch dringend gelernte Tischler-/Schreiner*innen, die als Ausbilder*innen ihr Wissen an die jungen Menschen weitergeben möchten.