Im März hat der Zyklon Idai über Mosambik gewütet. In der Provinz Sofala wurden etwa 3000 Schulen beschädigt oder zerstört. Eine davon, die EPC Eduardo Mondlane Sovim, errichten wir neu. Über seine Eindrücke aus seinem dreimonatigen Freiwilligeneinsatz berichtet Martin Jäckel
Direkt neben der alten, notdürftig nach dem Zyklon wieder errichteten Schule aus Holzstangen und Lehm mit einem Dach aus zerbeultem Blech und Plane entsteht nun die neue Schule. Sie soll nicht nur ein Provisorium sein, sondern massiv und stabil – das ist das wichtigste. Der nächste Sturm, der ganz bestimmt kommen wird, darf ihr nichts anhaben. Doch nicht nur die angestrebte Langlebigkeit macht die Schule zu einer Besonderheit, auch die Form ist ungewöhnlich: Die Räume sind in einem Kreis als Neun-Eck angeordnet, in deren Mitte sich ein kleiner geschützter Schulhof ergibt. So hatten es unsere Freund*innen von Supertecture für uns geplant.
Diese äußere Form erregte zu Beginn der Bauarbeiten, als die Fundamente ausgehoben und betoniert wurden, einiges an Aufsehen und Verwunderung. Nicht nur bei unseren Mitarbeitern, auch bei den Schüler- und Lehrer*innen, deren Schule es ja später sein wird. Immer wieder werfen auch die Bewohner*innen von Sovim einen Blick vom nahen Wegesrand hinüber – mal staunend, mal stirnrunzelnd, mal voller Freude.
Seit mehr als drei Monaten wird nun schon an dieser neuen Grundschule gebaut und so langsam kann man erkennen wie außergewöhnlich schön sie werden wird mit ihren roten Backsteinmauern. Der erste Raum von insgesamt acht hat die fertige Höhe erreicht und Maurer, Helfer sowie wir Grünhelme geben unser Bestes um bis Ende des Jahres noch weitere folgen zu lassen. Jetzt, wo es stetig in die Höhe geht, Ziegelmauerwerk, Türen und Fenster sichtbarer werden, merken wir bei unseren Mitarbeitern auch eine Art Stolz darauf, an der „schönsten Schule in der ganzen Provinz“ mitwirken zu können.
Aber nicht nur ihnen gebührt größter Dank und Respekt. Die gesamte Community des Dorfes hat einen riesigen Anteil am bisher guten Gelingen des Projektes. Tag für Tag machen sich die Dorfbewohner*innen an die Arbeit, um die Lehmziegel zu produzieren, die einen wesentlichen Teil unseres Baumaterials ausmachen. In aller Frühe finden sich meist die Frauen des Dorfes in Gruppen zusammen, mischen Lehm und Wasser in kleinen Gruben die sich oft am Fuße von alten halb bewachsenen Termitenhügeln unweit der Schule befinden. Der feuchte Lehm wird in Holzformen gepresst, so dass ein geformter Stein entsteht. Drei Tage muss er nun in der Sonne trocknen, bevor er mit sechs- bis achttausend anderen Steinen zu einem großen Feldbrand aufgestapelt wird. Einen Tag und eine Nacht lodert das Feuer in durch das stapeln entstandenen Kammern am Fuße des Feldbrands, ehe die gebrannten Ziegel ganz langsam über einige Tage abkühlen. So ist aus feuchtem Lehm, einem lokalen Baumaterial, das sich direkt vor unserer Nase befindet, ein fertiger Ziegel geworden. Träger*innen sind nun noch nötig, die ihn auf die Baustelle bringen, sodass er schließlich mit seinem Vermauern, ein kleiner aber wichtiger Teil der Schule sein wird.
Wir Grünhelme sind momentan zu zweit im Projekt und bilden ein großes Team mit 19 einheimischen Arbeitern und zwei Köchinnen, die jeden Tag das gemeinsame Mittagessen zubereiten. Der Tag beginnt für uns um sechs Uhr in der Früh, wenn die ersten Sonnenstrahlen durch kleine Ritzen im Strohdach unserer Lehmhütte scheinen. Zuerst wird ein kleines Feuer entzündet, über dem dann der Kaffee zum Wachwerden gekocht wird. Währenddessen überlegen wir, wie der Arbeitstag strukturiert wird, welche Mitarbeiter welche Arbeiten übernehmen können. Wenn um sieben dann die Arbeiter aus allen Himmelsrichtungen, mit dem Rad, dem Motorrad oder zu Fuß eintrudeln, geht’s los auf der Baustelle. Jeder hat den Tag über seine Aufgaben – und diese können mal mehr und mal wenig spaßig sein. Ein eintöniges Sandschippen in der glühenden Hitze, das kraftzehrende händische Betonmischen, das Binden der Stahlbewehrungskörbe oder das Vernageln der Dachbinder. Hier und dort ist ein zusätzlicher Motivationsschub nötig, damit der neunstündige Arbeitstag nicht länger wirkt als er eigentlich ist. Für eine willkommene Abwechslung und fröhliche Gesichter sorgen bisweilen einige Frauen des Dorfes, die auf der Baustelle kleine frittierte Teigbällchen an die Arbeiter verkaufen und sich so einige Meticals dazu verdienen.
Sechs Maurer beschäftigen wir derweil, die die Lehmziegel vermauern. Sie werden von ungelernten Arbeitern unterstützt, die tatkräftig Sand und Zement heran fahren, Mörtel mischen und Ziegelsteine entlang der Wände verteilen. Zwei unserer Helfer, Antonio und Josefe, reichte das nicht und sie versuchen sich seitdem selbst im Mauern und erhalten dabei eine Art Ausbildung unter Anleitung der erfahreneren Maurer. Hier zeigt sich, dass ein Grünhelme-Projekt auch immer ein Ausbildungsprojekt, eine Art Training-on-the-Job sein kann. Auch am Dachstuhl, der durch die besondere neuneckige Form des Gebäudes einiges an Kniffligkeiten mitbringt, wird schon eifrig gearbeitet. Dafür nutzen wir zertifiziertes Holz aus regionalen Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden. In einigen Wochen kann hoffentlich schon das erste der acht Dächer gerichtet werden.
Es ist wirklich schön zu beobachten wie stolz Schüler*innen, Lehrer*innen und eigentlich das ganze Dorf schon jetzt auf ihre neue Schule sind und unter unseren Arbeitern Freundschaften entstehen. So können wir Grünhelme hier nicht nur Wiederaufbau leisten, sondern auch die Menschen in Sovim durch ein gemeinsames Projekt zusammenbringen und manchen von ihnen eine neue Perspektive geben.