„Wahrlich, erhebst Du auch deine Hand gegen mich, um mich totzuschlagen, so erhebe ich doch nicht meine Hand, um Dich zu erschlagen.“ (Sure 5, Vers 28): Diese Worte, die man gleichsam in Koran und Bibel finden kann, verdeutlichen wie nah sich Christen und Muslime im Glauben stehen.

Weil wir uns den Dialog zwischen Christen und Muslimen auf unsere Grünhelm-Fahne geschrieben haben, freuen wir uns zudem sehr, dass der große Raum an arbeitsfreien Tagen auch von den unterschiedlichen Religions- und Konfessionsgruppen genutzt werden kann. Neben den Vertretern der fünf größten Glaubensrichtungen im Gefängnis (Katholiken, Muslime, Protestanten, Adventisten und Pfingstkirchler) sind auch der örtliche Imam und der verantwortliche Bischof von diesem Projekt begeistert. Letzterer muss bei der Päpstliche Synode zweifelsohne zu den moderneren Bischöfen gehört haben, so selbstverständlich scheint ihm die spannende Idee eines einzigen Raumes in dem Christen und Muslime ihren bekanntlich gleichen Gott lobpreisen.

Gemeinsam mit den verschiedenen Nutzern dieses Gebäudes haben wir dessen einzigartige Form entworfen: Der große Raum wird großzügig natürlich belichtet und frei von Stützen damit Arbeit und Gruppentherapie in allen erdenklichen Formen möglich ist. Auf einem sowohl quadratischem Moschee-Grundriss und einer traditionell langgezogenen Kirchen-Grundform richtet sich das Gebäude gleichzeitig nach Mekka und in den Sonnenaufgang, von wo aus Jesus am jüngsten Tag auf die Erde zurückkommen wird.

Eine Gebetsnische für den Imam und ein buntes Ostfenster hinter der kirchlichen Altar-Wand sowie unterschiedlich Fassaden geben zarte Hinweise auf den religiösen Charakter der beiden ineinander verschmolzenen Gebäude. Die interpretierten Gotteshäuser lassen sich also erahnen ohne das Symbole der ein- oder anderen Glaubensrichtung verwendet werden müssen. Auf das Gebäude setzen wir ein vielfach gestaffeltes Dach mit großen Oberlichtern – so kommt viel Helligkeit für alle unterschiedlichen Nutzungen ins Innere und wie in den meisten sakralen Gebäuden verschwimmt der Übergang zwischen Wand und Decke. Der Boden richtet sich mancherorts nach dem Grundriss der Kirche, an anderer Stelle orientiert er sich an der Ausrichtung der Moschee. Dazwischen muss er sich genau wie alle späteren Nutzer arrangieren.

Gerade in einem Jahr, in dem der Islam zu Unrecht mit dem Extremismus der Terrorgruppe IS in Zusammenhang gebracht wurde, wollen wir mit dem Gebetshaus ein Zeichen für mehr Toleranz zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen setzen, ähnlich wie Papst Franziskus, der zum Jahresende Muslime zum gemeinsamen Gebet in Türkischen Moscheen eingeladen hat. Benennen wollen wir das geplante Gebäude nach Paolo Dall’Oglio, dem Italienischen Jesuiten Pfarrer, der sich dem Dialog mit dem Islam in besonderer Weise gewidmet hat. Er ist 2013 von Mitgliedern der Organisation „Islamischer Staat“ in Syrien entführt worden – seitdem hat niemand mehr von ihm gehört.

Mit dem Allgäuer Schreiner Nico Döring dem Londoner Architekten Sebastian Barrett und dem Berliner Anwalt Nicolay Büttner sind bereits drei motivierte Grünhelme nach Ruanda geflogen um mit den Bauarbeiten vor Ort zu beginnen. Zusammen mit einem Team aus 20 Gefangenen wollen wir das Gebäude schon im kommenden Sommer fertigstellen.

Till Gröner