Fast ein Jahr dauern die Bauarbeiten an der Junior Secondary School Mansadu, ganz im Osten Sierra Leones, nun schon an. Die heftige Regenzeit und die Unpassierbarkeit der Straßen haben den Baufortschritt immer wieder gebremst. Nun aber ist die Schule fast fertig. Unmittelbar im Anschluss sollen gleich zwei neue Bauprojekte in Angriff genommen werden.
Falaba heißt der neue Bundesstaat (District), der vor gut zwei Jahren nach einer Gebietsreform entstanden ist. Im Nordosten des kleinen westafrikanischen Landes wurde er aus dem riesigen Koinadudu herausgelöst, um den Menschen die hier leben, eine bessere Verwaltungsanbindung und damit Versorgung zu ermöglichen. Noch ist dieses hehre Vorhaben reines Wunschdenken. Es gibt keine befestigte Straße, kein Krankenhaus und nicht mal eine Handvoll weiterführende Schulen. Die neue Hauptstadt von Falaba, Mondo-Bendugu, ist ein kleines Dorf – die Verwaltungsbehörden residieren weiterhin in der über einhundert Kilometer (oder fünf bis sieben Stunden Fahrzeit) entfernten Hauptstadt Koinadugus, Kabala. Weder der Leiter der Schulbehörde noch der Gesundheitsbeauftragte möchten in dieses verschlafene Nest ziehen. Gleichwohl hat die Zentralregierung in Freetown nun die ersten Schritte einer Infrastrukturoffensive für Falaba in Gang gesetzt: Die Hauptstraße zwischen Kabala und Mongo wurde immerhin planiert, drei neue Gesundheitsstationen wurden begonnen zu bauen und auch neue Telefonmasten aufgestellt. Unser Projektort Mansadu, das selbst am östlichen Rand von Falaba, direkt an der Grenze zu Guinea liegt, ist nun nicht mehr gänzlich abgeschnitten vom Rest des Landes.
Im April 2019 haben wir hier mit unserem zweiten Schulbauprojekt begonnen. Nach der Grundschule in Gbentu wird es diesmal eine sogenannte Junior Secondary School, also eine weiterführende Schule für Kinder der Klassen sieben bis neun. Gerade in ländlichen Regionen, und in Falaba im Besonderen, ist höhere Schulbildung keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: Da diese Schulen sehr rar gesät sind, sind die Wege für die Kinder häufig so weit, dass sie von Zuhause wegziehen müssten. Zwar ist der Schulbesuch dank der neuen Regierung von Präsident Julius Maada Bio mittlerweile kostenlos, doch das Leben der Kinder in einem fremden Ort muss trotzdem finanziert werden, sodass viele Eltern diese Zusatzbelastungen scheuen und die Kinder nach der verpflichtenden Grundschule keine weitere Bildung genießen können. In Mansadu gibt es eigentlich schon eine Junior Secondary School, jedoch ohne eigene Räumlichkeiten. Bisher wurden die Klassenzimmer der Islamischen Schule genutzt, die diese nun zurückhaben möchte. Somit stand die Junior Secondary School kurz vor der Schließung. Das von der Community und den Grünhelmen neu gebaute Gebäude leistet nun Abhilfe. Die weiterführende Schulbildung in Mansadu für mindestens 150 Kinder wird nun sichergestellt.
Der Weg dorthin war kein einfacher: Die langen und schweren Wege, eine dieses Jahr besonders heftige und lang anhaltende Regenzeit sowie Engpässe bei Baumaterialien haben den Baufortschritt immer wieder verzögert. Nun aber, nach viel vergossenem Schweiß, zehrenden Geduldsproben, aber auch viel Lachen, Freude und Miteinander ist das neue Schulgebäude samt Lehrerunterkünften so gut wie fertig. Lediglich einige Fußböden müssen noch fertig gestellt, einige Verzierungsarbeiten und Anstriche abgeschlossen werden, dann können die Kids ihre neuen Klassenräume beziehen. Auch die lokale Tischlerei arbeitet auf Hochtouren, um die Schulmöbel rechtzeitig zur Eröffnung zusammengezimmert zu haben.
Die Dorfgemeinschaft von Mansadu hat wahrlich beeindruckendes vollbracht. Viele Kubikmeter Sand mussten aus dem nahegelegenen Fluss gebuddelt, Natursteine aus den Wäldern geholt werden. Letztere mit kleinen Fäusteln zu Kies verarbeitet werden, um daraus Beton herstellen zu können. Vor allem die Frauen der Community schleppten Tag für Tag Wasser in Kübeln, die sie auf dem Kopf balancieren, auf die Baustelle. Natürlich lief nicht immer alles glatt: Mal fehlte es an Wasser, mal an Sand, mal kamen die „Steineklopfer“ nicht mit der Kiesproduktion hinterher. Alles in allem aber lief die Zusammenarbeit zwischen Grünhelmen und Dorfgemeinschaft prima. Die Community ist stolz auf ihre neue Schule und kann die Eröffnung kaum abwarten. Jeden Tag schlendern Leute über die Baustelle, staunen und freuen sich. Besonderer Dank gilt unseren lokalen Arbeitern, die nun seit elf Monaten Tag für Tag geschuftet haben. Ein großes Dankeschön geht auch an unsere zehn Grünhelme-Freiwilligen aus Deutschland und der Schweiz, die in vier verschieden Teams jeweils drei Monate im Projekt gearbeitet und im Dorf gelebt haben – ohne fließendes Wasser, Strom und einer sehr eingeschränkten Auswahl an Lebensmitteln. Darüber hinaus an die Architektin Katharina Surges, die das Projekt geplant und auch weitgehend betreut hat. Wie alle unsere Projekte ist auch die Mansadu-Schule Teamarbeit zwischen der Community und den Grünhelmen. Dies ist nicht immer leicht, meist anstrengend, immer bereichernd und wie das Ergebnis zeigt: auch erfolgreich.
Die positiven Erfahrungen aus Gbentu und Mansadu sowie die erkennbaren Anstrengungen der Regierung haben uns zu weiteren Schulbauprojekten in Sierra Leone ermuntert: Wir machen also weiter!
Eine knappe Stunde von Mansadu entfernt liegt das kleine Dorf Maramaia. Hier ist die Grundschule über die vergangenen Jahre derart verfallen, dass sie mittlerweile nicht mehr nutzbar ist. Der Unterricht findet im Freien oder unter provisorischen Schilfdächern statt – in der Regenzeit ein Ding der Unmöglichkeit. In Absprache mit der Schulbehörde soll hier eine kleine aber feine Schule mit sechs neuen Räumen entstehen, sodass nicht nur die Maramaia-Kids, sondern auch die Kinder aus neun kleineren umliegenden Dörfern hier unterrichtet werden können.
Außerdem ist die Schulbehörde an uns herangetreten und hat uns nach der Möglichkeit einer Erweiterung der Junior Secondary School in Mansadu um ein Gebäude für eine Senior Secondary School gefragt, sodass die Jugendlichen hier sogar ihr Abitur machen könnten. Eine solche „SSS“ gibt es bisher nur einmal in ganz Falaba, in der Hauptstadt Mongo. Sie würde für hunderte Kinder im östlichen Falaba erstmals die Möglichkeit einer höheren Schulbildung eröffnen. Besonders Mädchen würden profitieren, da Eltern davor zurückscheuen, sie allein in weit entfernte Orte zu schicken. Noch ist es nicht in trockenen Tüchern, aber wir sind sehr optimistisch, dass die Schulbehörde Zusagen zu Lehrer*innen und zur Finanzierung des Schulbetriebs gibt. Dann steht „Mansadu – to be continued“ nichts mehr im Wege.
Für unsere Projekte in Sierra Leone suchen wir noch erfahrene Bauhandwerker*innen, Ingeneur*innen und Architekt*innen, die die kommenden Bauprojekte in Mansadu und Maramaia unterstützen.