Die Lage in den Erdbebengebieten ist auch ein Jahr später vielerorts immer noch katastrophal. Wir Grünhelme leisten in Nordwestsyrien mit einem Wiederaufbau-Projekt einen kleinen Beitrag, um die Not zu lindern.
Bonn, 06.02.2024 – 365 Tage ist es schon her, dass der Südosten der Türkei und der Nordwesten Syriens von einer der schlimmsten Naturkatastrophen der vergangenen hundert Jahre getroffen wurden.
Offiziellen Angaben zufolge kamen etwa 60.000 Menschen ums Leben, mindestens 120.000 wurden verletzt und Tausende verloren über Nacht all ihr Hab und Gut.
Auch ein Jahr später ist die Lage in den Erdbebengebieten vielerorts immer noch katastrophal. Der Wiederaufbau ist erst an wenigen Orten im Gange. Besonders angespannt ist die Lage in Nordwestsyrien, wo wir Grünhelme aktiv sind.
Hunderttausende Menschen leben in Zeltcamps
Diese Region ist eine der letzten, die sich der Kontrolle des Diktators Baschar al-Assad entziehen konnte. Hier leben ein Jahr nach der Katastrophe noch immer hunderttausende Erdbebenopfer in Zelten. Dabei ist der Winter dort äußerst hart und kalt. Bei Regen verwandeln sich die Camps in Matschgebiete. Nach Angaben der Vereinten Nationen fehlt Gesundheitsversorgung, Krankheiten wie Cholera haben sich ausgebreitet.
Schon vor dem Beben war die Lage in Nordwestsyrien schlimm: 2,9 Millionen Binnenvertriebene aus dem ganzen Land suchten hier Schutz vor dem Bürgerkrieg. Seit dem Beben ist die Zahl der Vertriebenen in Nordwestsyrien laut UN sprunghaft gestiegen – auf rund 3,4 Millionen.
Die Perspektivlosigkeit der Menschen hat sich weiter verschärft. Zu den baulichen Schäden kommen die psychologischen: Viele Menschen haben ein zweites Mal Familienmitglieder verloren, wurden ein zweites Mal obdachlos. Nach wie vor sehr betroffen macht uns der Verlust unseres früheren Mitarbeiters Iyad. Als Geflüchteter wurde er im Libanon so schikaniert, dass er mit seiner Familie einen Neuanfang in Afrin versuchen wollte – wo die junge Familie dann beim Erdbeben ums Leben kam (hier zum Nachruf „Ruhe in Frieden, Iyad“).
Essensverteilungen und erstes Wiederaufbauprojekt
Nach dem 06. Februar war uns Grünhelme sofort klar, dass wir die Menschen in der Region unterstützen wollen! Glücklicherweise war eine schnelle, unbürokratische Hilfe dank vieler Spenden finanziell für uns möglich.
Wenige Tage nach dem Beben organisierten wir in einem Bündnis an lokalen Organisationen und mit unserem langjährigen Partner Barada Syrienhilfe Essensverteilungen in den am stärksten betroffenen Gebieten. Der Zugang zur Region war zu Beginn sehr schwierig. Doch dank unserer türkischen und syrischen Partner vor Ort konnten wir tausende zubereitete Mahlzeiten rund um die Orte Afrin und Jinderes verteilen. Noch im Februar renovierten wir zudem mit unseren Partnern zwei beschädigte Schulen in Afrin (Bericht dazu hier).
Einige Monate nach dem Erdbeben, im Sommer 2023, starten wir dann ein Wiederaufbauprojekt in einem Dorf südlich von Afrin. Hier haben wir – auch aus Sicherheitsgründen – mit einem Team aus ausschließlich lokalen Bauarbeitern und Handwerkern gearbeitet und 14 Unterkünfte für bedürftige Familien gebaut. Diese sind als „Doppelhaushälften“ konzipiert, jede Wohnung hat einen Grundriss von 9,5 mal 4,5 Metern. Zudem haben wir eine große Solaranlage gebaut, die die Pumpe für einen zentralen Brunnen betreibt. Über den werden nun die neuen Häuser, aber auch die umliegenden Zelte von rund 300 Familien mit Trinkwasser versorgt (mehr Details lesen Sie in diesem Bericht).
Ein Jahr nach dem Erdbeben ist unser Wiederaufbauprojekt so gut wie abgeschlossen. Die Gebäude sind Anfang 2024 fertiggestellt worden, die ersten Familien sind vor kurzem eingezogen. Letzte Arbeiten stehen noch an dem von uns ebenfalls gebauten Abwassersystem sowie an der Solaranlage an.
Aufgrund der politisch schwierigen Lage in Nordwestsyrien ist der Zugang in das Gebiet nicht durchgängig möglich. Dies hat unsere Arbeit zeitweise erheblich erschwert. Im März werden unser Vorstand Simon Bethlehem und Projektleiter Tobias Lange wieder vor Ort sein. Dann sollen die bisherigen Arbeiten abgeschlossen sein und wir wollen eine mögliche Ausweitung des Projektes mit den örtlichen Autoritäten und Sicherheitskräften diskutieren. Gern würden wir zusätzliche erdbebensichere Wohneinheiten bauen, damit weitere Familien ein sicheres Dach über dem Kopf haben.
Wir wünschen uns für die Region und die Menschen eine stärkere öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Situation. Außerdem wünschen wir uns, dass der Wiederaufbau endlich flächendeckend in Gang kommt!
Jetzt für den Erdbebenopfer in Nordwestsyrien spenden!
Für den Bau jeder weiteren Unterkunft benötigen wir rund 6.000 Euro. Wir freuen uns daher über Ihre Unterstützung!
IBAN: DE62 4306 0967 0001 0700 00
BIC: GENODEM1GLS (GLS Gemeinschaftsbank eG)
Stichwort: Erdbebenhilfe
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