Nach den gewalttätigen Ausschreitungen im Juni hat sich die Lage im Senegal Anfang August erneut kurzzeitig zugespitzt. Das wirkte sich auch auf unsere Kfz-Werkstatt aus.
Von Henrik Sauer
Ziguinchor, 08. August 2023 – Nach den schweren Unruhen im Juni, über die ich an dieser Stelle bereits informiert habe, wollte ich eigentlich gerade berichten, dass sich die Situation auf den Straßen im ganzen Land erfreulicherweise beruhigt hat. Vor allem, weil der jetzige Präsident verkündet hat, dass er sich doch nicht (entgegen der Verfassung) zu einer dritten Amtszeit nächstes Jahr zur Wahl stellt. Doch zu früh gefreut.
Trotzdem ist es wieder zu großem Aufruhr im Land gekommen. Mit Demonstrationen, Straßenblockaden und leider auch wieder mit Toten und vielen Verletzten in Dakar und in vielen anderen Städten, vor allem auch hier in Ziguinchor.
Grund sind erneute massive Anklagen gegen den Oppositionspolitiker Ousman Sonko und die Auflösung seiner Partei, die immerhin fast ein Fünftel der Parlamentssitze innehatte. Sonko gilt gerade für viele junge und ärmere Leute im Senegal als Hoffnungsträger. Und im Februar 2024 sind Wahlen im Senegal.
Brennende Barrikaden und Schüsse
Als Reaktion auf die neuen Schritte gegen Sonko und seine Partei wurden Anfang August über Tage wieder viele, teils brennende Straßenbarrikaden errichtet. Die Haupt-Zugangsstraßen nach Ziguinchor wurden verbarrikadiert. Es gab auch in Ziguinchor Demonstrationen. Zwar hatte die Polizei anfangs teilweise die Barrikaden entfernt und der Verkehr rollte zeitweise wieder, aber es dauerte nicht lange, bis alle Straßen wieder verbarrikadiert wurden. Zeitweise waren viele große Straßen ganz dicht.
Die Werkstatt musste ich deshalb erneut vorübergehend schließen. Schließlich soll sich niemand auf dem Weg zur Arbeit in Gefahr bringen. Ob die Werkstatt öffnet, entscheiden wir jeden Tag aufs Neue, je nach Lage.
Anfang August gab es Tage, da traute man sich kaum, das Haus zu verlassen. Die Lage scheint für alle Menschen, mit denen ich sprach, ziemlich aussichtslos zu sein. Auch für mich persönlich musste ich die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen. Weil es Schießereien nahe meines Hauses gab, bin ich vorübergehend an einen sichereren Ort gezogen. Der Hass auf alles, was irgendwie französisch aussieht, scheint bei den gewalttätigen Demonstranten groß zu sein.
Die Lage hat sich zwar nach der erneuten Eskalation wieder etwas beruhigt. Es stellt sich aber die Frage, wann und wie stark die Konflikte erneut hochkochen.